Die St. Andreas-Kirche war für das bevorstehende Erntedankfest bereits festlich geschmückt, als am 01. Oktober der Verein ‚Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V.‘ dort (s)eine ganz besondere Dankesveranstaltung durchführte. Seit Gründung vor über 30 Jahren in seinem Vorstand tätig – davon die letzten sieben Jahre als dessen Vorsitzende – verabschiedete man Ilona Stegen in den nun mehr als verdienten Ruhestand.

Geladen waren Freunde und Förderer, die in den zurückliegenden Jahren an ihrer Seite den Verein in verschiedenster Weise begleitet und unterstützt haben. Pastorin Stadtland begann die Veranstaltung mit einer einfühlsamen und nachdenklichen Andacht, in der sie die wichtige Aufgabe der Betreuung verwaister Eltern und Geschwister und das Verdienst Ilona Stegens um diese Aufgabe hervorhob, und die sie in anschaulichen biblischen Zitaten verdeutlichte.

Anfangs wollt‘ ich fast verzagen,
und ich glaubt‘, ich trüg es nie;
und ich hab es doch getragen,
aber fragt mich nur nicht wie.

Dass dieses Zitat aus Heinrich Heines ‚Buch der Lieder‘, das im Verlaufe der Andacht vorgetragen wurde, nicht nur der verwaisten Mutter gilt, sondern sich zudem auch auf die ehrenamtliche Arbeit in einem Verein beziehen lassen kann, wurde im Verlauf von Ilona Stegens ‚Abschiedsrede‘ deutlich.

Denn dass ehrenamtliche Arbeit bei aller Genugtuung und Zufriedenheit, die sie schenkt, eben auch Arbeit ist, die den Tätigen in Höhen und Tiefen führt, weiß der, der es selbst erlebt hat, nur zu genau. Wohlklingend musikalisch untermalt wurde die Andacht von Kirchenmusiker Michael Thom, der am Flügel nicht nur die gesungenen Kirchenlieder begleitete, sondern besonders mit seinen solistischen Darbietungen von (eigenen) Bearbeitungen bekannter Kompositionen, wie z. B. ‚Bridge over troubled water‘, die Anwesenden in seinen Bann zog. Mit ihrem Abschied übergab Ilona Stegen zugleich ihre Doppelfunktion als Vorsitzende und Verantwortliche für PR und Fundraising in neue, künftig getrennte Hände. Mit Dr. med. Hanka Bliwernitz (als Vorsitzende) und Victoria Gasco Tremiño (PR und Fundraising) stellten sich die Nachfolgerinnen vor.

So hinterläßt Ilona Stegen den Verein gut aufgestellt in die Zukunft – und der Verein konnte sein ganz besonderes ‚Erntedank‘ feiern. Neben Ilona Stegen wurde auch Sabine de Jong nach langer erfolgreicher und engagierter Mitarbeit aus dem Vorstand verabschiedet. Im Anschluss an die Andacht traf man sich im einladend hergerichteten Gemeindesaal und ließ bei intensiven wie geselligen Gesprächen – und nicht zu vergessen: kleinen aber feinen Gaumenfreuden – die vergangenen 30 Jahre Revue passieren und eine stimmungsvolle Veranstaltung ausklingen. Ein Fernseh-Team des NDR, das aus Anlaß des 30jährigen Vereins-Bestehens in der Woche einen Bericht über dessen Aktivitäten drehte, war ebenfalls vor Ort. Und so konnte man Teile der Andacht wenige Tage später sogar im Regionalfernsehen wieder-erleben. Wer mag, kann den Bericht in der Mediathek des NDR noch bis Ende Oktober 2022 ansehen. (Dazu den QR-Code unten scannen).

An dieser Stelle geht ein besonderer Dank an die Verantwortlichen im Kirchenvorstand von St. Andreas dafür, dass sie diese Veranstaltung möglich gemacht haben – und an Pastorin Stadtland und Herrn Thom für ihre wunderbare Mitwirkung.

Über den Verein

Zu uns kommen Väter, Mütter, Geschwister und Großeltern, die um ein Kind, um Schwester, Bruder oder Enkelkind trauern, unabhängig von der Todesursache. Ihre Kinder/Geschwister sind gestorben durch Totgeburt, Tod im Säuglingsalter, Krankheit, Verkehrsunfall oder andere Unfälle, Drogen, Suizid oder Gewaltverbrechen. Dabei spielen Alter, Familienstand, Konfession oder Wohnort keine Rolle. In unseren Kinder- und Jugendgruppen begleiten wir auch junge Menschen, die um Mutter oder Vater, Großeltern oder andere nahe stehende Personen trauern.

Der Verein bietet Zeit, Raum und professionelle Begleitung. Hier darf geweint, gelacht, geredet und geschwiegen werden. Hier fühlen sich trauernde Eltern und Geschwister verstanden und aufgehoben. Die Gruppenteilnehmer bilden untereinander ein tragendes Netz von Kontakten und Beziehungen und erleben Entlastung bei der Entdeckung, mit ihren Gefühlen und Erfahrungen nicht allein zu sein. Eltern und Geschwister, bei denen der Tod ihres Kindes/Geschwisters erst kürzlich geschehen ist, hören von den Erfahrungen der anderen Eltern, bei denen der Tod schon längere Zeit zurückliegt.

Fotos: Catrin-Anja Eichinger
Text: Olaf Wittmann

Ilona Stegen

Von Eltern gefertigter Gedenkteppich