Predigt "Sinneswandel"

von Pastor Dr. Kord Schoeler | St. Andreas Harvestehude

Epistel und Evangelium

von H.-G. Hanl | 1. Sonntag nach Epiphanias

Predigttext zum Nachlesen

Sinneswandel

Predigt zum 1. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Gemeinde,

erwachsen geworden, lässt Jesus sich von Johannes am Jordan taufen. Als er aus dem Wasser steigt, so heißt es, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. 17Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. (Matthäus 3,16)

Sollte Jesus irgendwann Zweifel hegen und sich fragen: Was mach ich hier? Und warum mache ich es?  – sollte er sich also irgendwann auf sich selbst besinnen müssen, kann er sich in diesen Moment zurückdenken: Dies ist mein lieber Sohn … ich freue mich an ihm! Das ist ein Wort! Damit kann man ein Leben führen.

Nicht viel später tritt Jesus erstmals öffentlich auf. Seine einfache Botschaft lautet: „Ändert euren Sinn, denkt um! Nah ist Gott und bestimmt euer Leben!“

Nicht anders klingt es bei dem Apostel Paulus etwa zwei Jahrzehnte später, als er das erste Mal an die Christen in Rom schreibt und ihnen darlegt, worauf es ankommt: Lebt nicht nach dem Schema dieser Welt, sondern wandelt euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. (Römer 12,2)

Das klingt nach hohen Ansprüchen. Geradezu nach dem Vollkommenen sollen sie fragen! Ist das Vollkommene nicht ein paar Nummern zu groß? Und wenn wir auf uns schauen: haben wir nicht selbst genug zu schaffen mit hohen und höchsten Ansprüchen? Leben wir nicht ohnehin unter dem Druck, uns immer noch verbessern zu sollen?

Und wie sollten wir das „Denken ändern“, unseren „Sinn erneuern“? Paulus führt das so aus: Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. (Römer 12,3) Das klingt nun nicht hochtrabend: besinne dich auf dich selbst und lege ein richtiges Maß an. „Halte maßvoll von dir selbst“, wie Martin Luther es in dieser Übersetzung ausdrückt. Das Maß, das Du anlegst, sollte aus dem Glauben kommen, aus einer Rückbesinnung, in welcher in dir nachklingt, was Jesus auch gehört hat: Du bist mein liebes Kind! Ich freue mich an Dir!Das ist das Maß. Mit dem Evangelium gesprochen: mit diesem Wort will Gott das Leben bestimmen und dich prägen.

Dazu müssen wir umdenken. Denn nach dem Schema der Welt, mit dem wir ebenso wie die römischen Christen zur Zeit des Paulus konfrontiert sind, sind wir uns selbst eigentlich nie genug, und wenn wir nicht nach Höherem streben, müssen wir uns fragen lassen, ob wir uns denn aufgeben wollen. Unsere Vollkommenheitsansprüche sind durchaus schon ohne Gott maßlos.

Der Sinneswandel zur Vollkommenheit legt sich uns nahe, wenn wir unseren Sinn richten weg von der Perfektion, nach der wir stets vergeblich streben werden, hin zu der Erinnerung, die lauter oder leiser in uns nachhallt: Du bist mein liebes Kind! Vollkommener geht es nicht.

Und in diesem Sinn fassen wir unsere Gaben ins Auge. Der Gemeinde in Rom schreibt Paulus: Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.

Als eine Kardinaltugend galt einmal die „temperantia“, die Mäßigung, das maßvolle Leben. Ein Ethos der Selbstbegrenzung in diesem Sinn täte uns allen gut. Es hat nichts mit Resignation zu tun, und wir denken dabei auch nicht klein von uns, begrenzt und mäßig. Sondern wir besinnen uns darauf, dass das Grundmaß, das an uns angelegt wird, die Liebe ist.

Bleiben Sie behütet!

Ihr Pastor Dr. Kord Schoeler