Gruß zum Sonntag Lätare am 22.03.2020:
„Freut Euch!“ Dazu werden wir heute mitten in der Passionszeit aufgefordert.
Mitten in all dem, was in diesen Tagen fremd und beängstigend über uns hereinbricht. Im Predigttext für heute aus dem Buch Jesaja heißt es:
„Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. (…)Denn so spricht der HERR: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen. Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; (Jes 66,10.12.13a)
Als diese Verse entstanden- gut 500 Jahre vor Christi Geburt – war Jerusalem lange eine ausgestorbene Stadt gewesen – der Tempel zerstört, die Menschen verschleppt. Nun kehren die ersten zurück in die noch immer öd daliegende Stadt, fühlen sich verloren, hilflos und fragen sich, ob sie sich je wieder mit Leben füllen wird.
Bei uns in Hamburg sind Straßen und Spielplätze, Cafés und Geschäfte jetzt ausgestorben. Wir wissen nicht, für wie lange. Wir hören aus italienischen Städten von überfüllten Krankenhäusern und von Menschen, denen niemand in ihrem Leid beistehen kann, wir trauern und sind verunsichert: Wird es bald vielerorts so kommen?
Mitten in unserer Sorge, damals und auch noch heute, ruft Gott uns zu: „Freut euch! Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet!“
Viele brauchen in diesen Tagen noch mehr als sonst Zuwendung, nicht nur oder vor allem Kinder. Darum finde ich es bemerkenswert, dass da im Hebräischen steht: „Ich will euch trösten, wie einen Mann seine Mutter tröstet.“
Ich selber denke zum Beispiel an meinen Sohn, der zurzeit im Abitur steht. Manches lässt sich von zu Hause erledigen. Wenn alles gut läuft wird er im Sommer trotz allem sein Abizeugnis in der Hand halten. Aber zur Schule wird er nicht mehr gehen. Sein letzter Schultag war vor den Frühjahrsferien ohne dass er es wusste. Es wird keinen Abistreich und wohl auch keinen Abiball geben.
Das ist alles ja nicht lebensbedrohlich und doch macht es bedrückt und traurig. Fast jeder und jede erlebt solche Dinge: Abgesagte Traumreisen, runde Geburtstage, Konfirmationen, Arbeitsprojekte. Manch Erwachsener mag auch Sehnsucht nach dem Trost der Mutter oder des Vaters bekommen, die er oder sie nicht besuchen kann, weil sie zur Risikogruppe gehören.
Was mich trotz alldem froh macht ist die Aufmerksamkeit, mit der Menschen in dieser Stadt den Kontakt untereinander nicht abreißen lassen und alle noch verbliebenen Kanäle nutzen, um zu fragen: Wie geht es Dir? Was brauchst Du jetzt?
Lassen Sie uns weiter gemeinsam daran festhalten, so füreinander da zu sein. Lassen Sie uns einander mütterlich und väterlich Hoffnung und Trost zu schenken im Namen Gottes, der Trost und Grund zur Freude für alle seine Kinder bereithält!
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!
Mit herzlichen Grüßen von Ihrer Pastorin Ute Parra